Am 15. Juni 1991 wurde das Schwule Netzwerk NRW von Vertretern zahlreicher schwuler Gruppen und Initiativen in Dortmund gegründet. 60 Männer und eine Kollegin von Pro Familia Bochum nahmen laut Teilnahmeliste, die auf den Rückseiten von drei A4-Briefumschlägen (etwas anderes war gerade nicht zur Hand) festgehalten wurde, an dem Gründungstreffen teil. 36 davon beschlossen als Vertreter ihrer entsendenden Gruppen mit der Unterzeichnung der Satzung den Aufbau eines gemeinsamen Landesverbandes. Frank Siekmann war einer von ihnen. Er nahm als Vertreter der „Schwusos und Andere Dortmund“ an der Gründungsversammlung teil und unterzeichnete die Satzung mit. Auch heute ist er noch in der Dortmunder Community sehr aktiv. Wir haben ihn zum Anlass unseres Geburtstags interviewt. Lieber Frank, vor 25 Jahren warst Du bei der Gründung des Netzwerks dabei. Damals, 1991, gab es weiterhin den § 175 StGB und AIDS bedrohte die noch junge Schwulenbewegung essenziell. Die Menschen hatten vor Ort sicher genug um die Ohren. Was war Deine Motivation, einen schwulen Landesverband mit auf die Beine zu stellen? So genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich glaube, ich wollte einfach nur dabei sein und fand es aufregend, bei der Gründung eines Landesverbandes mitzuwirken. Wichtig war es für mich schon immer, dass Schwule sich organisieren, um so gemeinsam ihre Interessen vertreten zu können. Homo-Ehe, Regenbogenfamilien, Trans* und Inter, Queere Geflüchtete - das sind Themen, die aktuell die Community bewegen. Hat sich in den letzten Jahren tatsächlich so viel geändert, oder haben sich nur die Schwerpunkte verschoben? Es hat sich definitiv etwas geändert. Wir sind selbstbewusster geworden und wir werden auch ernster genommen als früher. Wir gehen bei unseren Debatten stärker in die Tiefe und fordern „nicht nur“ die Gleichberechtigung. Wir haben aber auch - wenn wir ihn je hatten - den „revolutionären“ Ansatz aus den Augen verloren. Das Fortbestehen der Diskriminierung von LSBTI weist darauf, dass die Gesellschaft sich verändern muss. Es ist nicht damit getan, einfach nur von Vielfalt und Diversity zu sprechen. Auch wenn es da gute Ansätze gibt, die ich die durchaus sehe, empfinde ich es manchmal als bloße, schön klingende Phrase. Du bist seit 25 Jahren ein regelmäßiger und kritischer Begleiter der Netzwerksarbeit. Was waren für Dich die Highlights des Landesverbandes, was seine größten Fehler? Über Geburtstagskinder soll man ja nicht schlecht reden. 🙂 Ich würde dem Schwulen Netzwerk gerne drei Dinge ins Stammbuch schreiben: Veränderung geschieht nicht von selbst, und ruhig mal etwas lauter und frecher werden auf Landesebene. Dies sind wir auch den Opfern des § 175 schuldig. Sich ruhig mal feiern, der Empfang des Schwulen Netzwerks und die Verleihung der Kompassnadel sind meistens ein echtes Highlight. Und drittens, jede Zeit braucht ihre eigenen Antworten, die Weiterbildungsangebote finde ich gut, ihr könnt gerne manchmal etwas inhaltlicher werden. Was würdest Du einem jungen queeren Mann antworten, wenn er fragt, wozu es denn noch ein „Schwules Netzwerk“ braucht? Schön wäre es, wenn es vollkommen egal ist, mit wem ich Sex habe oder wen ich liebe. Auf dem Weg dorthin brauchen wir andere, mit denen wir das gemeinsam erreichen können. Dies kann nur gelingen, wenn es solche Strukturen wie das Schwule Netzwerk oder andere Vereine, hauptamtliche Strukturen und ehrenamtliche Selbsthilfestrukturen gibt. Und ganz nebenbei kann man dort viel besser als über virtuelle Medien Leute kennen lernen. Vielen Dank und auch Dir alles Gute zu unserem gemeinsamen Geburtstag!
Frank Siekmann ist seit 2006 der Büroleiter im Wahlkreisbüro eines Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordneten. 1990 gründete er die erste Schwuso-Gruppe in Dortmund und seit 2007 ist er in Dortmund Vorstandsmitglied im SLADO e.V. Dort kümmert er sich um die Jugendeinrichtung Sunrise, die Finanzen des Vereins, die politische Interessensvertretung und noch so das ein oder andere mehr ... ]]>