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Anti-Gewalt-Arbeit in NRW

AleksejDie Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben und Schwule in Nordrhein-Westfalen ist seit Mai 2014 mit Aleksej Urev (34) besetzt. Der Diplom-Sozialpädagoge und –Sozialarbeiter hat die Aufgaben der koordinierenden Fachstelle übernommen. Zu Aleksej Urevs Arbeit gehören die Vernetzung und Weiterentwicklung des Arbeitsbereiches der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben und Schwule sowie die fachliche Begleitung von Beratungsangeboten. Zudem ist eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit zu Diskriminierung und Gewalt in Bezug auf Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*Menschen Teil seiner Aufgaben. Er hat für uns Ergebnisse der Arbeit in Bezug auf Schwule und bisexuelle Männer zusammengefasst.

Daten zu Diskriminierung, Gewalt und häuslicher Gewalt gegenüber schwulen und bisexuellen Männern

In Nordrhein-Westfalen stehen derzeit vier Quellen für die Auswertung von Daten zu Diskriminierung, Gewalt und häuslicher Gewalt gegenüber Schwulen und bisexuellen Männern. Dazu zählen die Polizeiliche Kriminalstatistik (nur bezogen auf Gewalt in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften), die Datenerhebung im Rahmen des Förderprogrammcontrollings der fünf vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten psychosozialen Beratungsstellen für Lesben, Schwule und deren Angehörige in NRW, die Dokumentation von Beratungsfällen der beiden Opferberatungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt in Nordrhein-Westfalen und die Dokumentation von Diskriminierungs- und Gewaltfällen durch die Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit.

Über die Kriminalstatistik des Landes NRW gibt es bisher keine Möglichkeit, Straftaten zu erfassen, die zu Lasten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* gehen und durch feindliche Einstellungen gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe motiviert sind. Deshalb besteht in Bezug auf diese Straftaten derzeit ein 100% Dunkelfeld. Über das Merkmal Lebenspartnerschaft kann jedoch ein kleines Spektrum des Dunkelfeldes von Gewalt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften erhellt werden. Von den in der Polizeistatistik des Landes Nordrhein-Westfalen von 2013 [1] insgesamt 12109 erfassten Straftaten, bei denen Opfer mit den Tatverdächtigen durch eine Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft verbunden waren, wurden 146 (1,2%) in den eingetragenen Lebenspartnerschaften erfasst. Davon waren 103 Opfer (70,5% ) als männlich markiert.

Der beiden Opferberatungsstellen Back Up und Opferberatung Rheinland wurden 2013 insgesamt sechs Fälle homophober Gewalt bekannt. Aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk, mutmaßlichen bzw. tatsächlichen Straftatbestand handelte es sich um folgende Fälle:

  • einen Fall mit Körperverletzung  im Bezirk Münster
  • jeweils zwei Fälle mit Bedrohung / Nötigung im Bezirk Arnsberg
  • einen Fall aus dem Bezirk Düsseldorf, bei dem eine Bedrohung und versuchte Körperverletzung als Straftatbestand dokumentiert wurden
  • einen Fall aus dem Bezirk Köln mit einer Körperverletzung und
  • einen Fall aus dem Bezirk Aachen, bei dem zwei Männer, die verpartnert sind, überfallen worden sind. Dabei wurde einer von ihnen so verletzt, dass er in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Der letztere Fall ist der Opferberatung Rheinland durch die Pressestelle der Polizei Aachen [2] bekannt geworden. Die beiden betroffenen Männer haben eine von der Opferberatungsstelle Rheinland angebotene Unterstützung nicht wahrgenommen. 

Durch den Online-Erfassungsbogen der Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit werden ausschließlich Beratungsfälle zu Erfahrungen von Diskriminierung, Gewalt und häuslicher Gewalt von Lesben und Schwulen erfasst. Die Erhebung bezieht sich auf Nordrhein-Westfalen. In der Auswertung wurden 68 dokumentierten Fälle einbezogen, Mehrfachnennungen waren zum Teil möglich. Die Mehrzahl der dokumentierten Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen fand in einer Großstadt statt. Am häufigsten war Köln vertreten. Weitere Großstädte waren Bochum, Dortmund und Düsseldorf. 

Fast die Hälfte der Betroffenen gehörte der Altersgruppe der 22- 40-Jährigen an. Knapp 15 % der Betroffenen war unter 21 Jahren alt. 2013 war der Anteil der Ratsuchenden nach Diskriminierung und Gewalt, die über 50 Jahre alt waren, besonders niedrig (7 %). Somit bleiben diese Angaben auf dem Vorjahres-Niveau. Von den Betroffenen wurde in 17,6% der Fälle im Rahmen des Beratungsfalls eine persönliche oder familiäre Zuwanderungsgeschichte thematisiert, das ist ein leichter Anstieg gegenüber 2012. Die Mehrzahl der „Täter_innen“ war männlich (knapp 70 %) und erwachsen (etwas über 60%).

Schwulenfeindlichkeit wird als vermutete Motivation am häufigsten genannt!

Die Mehrzahl der 2013 erfassten Gewalt- und Diskriminierungs-Fälle wurde wie in den vergangenen Jahren auch in der eigenen oder der Wohnung des oder der Täter_in dokumentiert. Die „Täter_innen“ waren hier Sexpartner_innen, Ex-Partner_innen und aktuelle Partner_innen sowie die Herkunftsfamilie. Im Vergleich zum Vorjahr wurden in diesen Kategorien jedoch insgesamt weniger Fälle dokumentiert. Eine leichte Zunahme an Diskriminierung und Gewalt ist bei der Dokumentation von Fällen im öffentlichen Raum, Bildungsbereich und in der Arbeitswelt zu verzeichnen. Deutlich mehr Fälle von Gewalt und Diskriminierung als im Vorjahr gab es 2013 durch Internet und in der Nachbarschaft.

Die Mehrzahl der „Opfer“ entschied sich auch 2013 gegen eine Anzeige. Das sind 76% aller dokumentierten Fälle. Dieser Wert liegt prozentual deutlich über dem des Vorjahres. Es ist eine deutliche Abnahme der Anzeigenerstattungen zu verzeichnen. Während 2012 in einem Drittel der dokumentierten Fälle eine Strafanzeige erstattet wurde, erreicht dieser Wert in 2013 gerade mal 14 %. 

Bei einem Teil der Fälle ist davon auszugehen, dass sie aus unterschiedlichen Gründen nicht oder nicht mehr strafrechtlich relevant sind. Auch der hohe Anteil an Fällen, bei denen sich „Opfer“ und „Täter_innen“ kennen, kann ein Grund sein, der für die Betroffenen gegen eine Anzeige spricht. Eine weitere Hürde ist die Tatsache, dass in den meisten Fällen keine Anzeige möglich ist, ohne Informationen über die eigene sexuelle Identität preiszugeben. Dies macht deutlich, wie wichtig Beratungs- und offensive Informationsangebote für Betroffene sind, um den Weg zu rechtlichen Schritten zu erleichtern.


[1] Diese Zahlen stammen aus einer internen und noch nicht veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik. Im Laufe des 2014 werden die Zahlen im Jahrbuch zur Polizeilichen Kriminalstatistik online unter http://www.polizei-nrw.de/kategorie__32.html veröffentlicht.

Weitere Infos: www.vielfalt-statt-gewalt.de

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