Am 5. November 2015 trafen sich 45 Personen, um über ihre Erfahrungen aus der Flüchtlingsarbeit mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* in NRW zu berichten. Der Fachaustausch fand auf Einladung der Aidshilfe NRW, des LSVD NRW, der LAG Lesben in NRW und des Schwulen Netzwerks NRW statt. Als Ergebnis wurden Arbeitsgruppen verabredet, die sich zukünftig mit den Schwerpunkten der weiteren Arbeit beschäftigen werden.
Zahlreiche Interessierte aus ganz Nordrhein-Westfalen trafen sich zum Fachaustausch in Düsseldorf. Neben einzeln Engagierten aus den schwulen, lesbischen und trans*-Communities waren auch Fachleute aus der Flüchtlings- und Antirassismusarbeit, sowie von queeramnesty, und aus spezialisierten Beratungseinrichtungen anwesend. Diese berichteten über ihr Engagement vor Ort, von Flyern, Plakaten mit QR-Codes, Beratungsgesprächen, Hilfestellungen bei Asylanträgen und Ratsbeschlüssen zum Thema LSBT-Flüchtlinge, etwa von der Stadt Köln.
Bei baraka, dem Treffpunkt von LSBTI* mit Migrationserfahrungen, suchten seit Anfang des Jahres 75 Geflüchtete Kontakt und Unterstützung. Nahezu alle Anwesenden konnten über Kontakte zu schwulen Jugendlichen und Erwachsenen, zu Trans*-Personen und zu Frauenpaaren, die aus Afghanistan, Syrien, Albanien, Kirgisien und anderen Ländern Zuflucht in Deutschland suchen, berichten.
Cavid Nabiyev, LSBT-Aktivist aus Aserbaidschan, berichtet von dem Alltag in einer Unterkunft für Geflüchtete, von der Gleichgültigkeit mancher Mitarbeiter_innen und der Diskriminierung durch Mitbewohner_innen. Vertreter der Aidshilfe NRW berichten, das z.B. in Bayern Flüchtlinge zwangsgetestet werden. Aus Sicht der Prävention und Antidiskriminierungsarbeit von Aidshilfen ist die Missachtung auf personelle Selbstbestimmung hier nicht hinnehmbar. Die Traumatisierung von Flüchtlingen bildet keine Grundlage für eine etwaige positive Diagnose, zumal eine medizinische Versorgung nicht geregelt oder gewährleistet werden kann und unklar ist, ob Flüchtlinge aufgrund ihrer wechselnden Aufenthaltsorte überhaupt von ihrem Ergebnis in Kenntnis gesetzt werden können.
Überblick bekommen - Hilfe strukturieren
Aus den Erfahrungen und Erwartungen bildeten sich vier Themenfelder heraus, zu denen weiter gearbeitet werden muss. Alle Maßnahmen dienen der Vernetzung, dem Erfahrungsaustausch und der Unterstützung von LSBT-Aktivist_innen, damit Informationen und Hilfsangebote in NRW und besser koordiniert und abgestimmt werden können.
Politik: Ziel ist es, sowohl politischen Stellungnahmen zu formulieren, als auch konkrete Anträge zu formulieren, damit Ehren- und Hauptamtliche schnellstmöglich in den Communities Ansprechpersonen bekommen, die fachlich und koordinierend bei Fragen zu LSBT helfen und LSBT-Flüchtlinge schnell und unbürokratisch unterstützen können.
Hilfe: Es sollen sprachsensible Angebote geschaffen werden, damit LSBT-Flüchtlinge schnell und unauffällig Hilfsangebote finden können. Wichtige Themen sind z.B.: Wohnraum, kompetente Anwält_innen, persönliche Kontakte, diskriminierungsfreie Dolmetscher_innen/Übersetzer_innen.
Sensibilisierung: Es ist dringend erforderlich, dass das Personal in den Erstaufnahmen und Unterkünften für Flüchtlinge grundsätzlich eine Sensibilisierung und Qualifizierung für die besondere Problematik von LSBT-Flüchtlingen erhält und auch Kenntnis über Möglichkeiten einer gesonderten und gesicherten Unterbringung von LSBT-Flüchtlingen bei Problemen hat. Alle an der Betreuung von Flüchtlingen Beteiligten, sowohl Krisenstäbe, Mitarbeiter_innen und Ehrenamtler_innen in den Einrichtungen und Ämtern müssen über die Lebenssituation von LSBT auf der Flucht aufgeklärt werden, damit diese nicht willkürlich weitergeleitet werden, obwohl sie bereits Kontakt zu LSBT-Gruppen oder Beratungseinrichtungen vor Ort aufgenommen haben.
Informationen / Info-Pool: Es müssen Konzepte und Plattformen erarbeitet und auf den Weg gebracht werden, welche die vorhandenen Informationen zu Wohnraum, Patenschaften, private Initiativen, Koordination von Ehrenamt sammeln und zur Verfügung stellen.
Mit diesen Maßnahmen werden wir auf die NRW-Landesregierung, die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zugehen, damit schnellstmöglich Hilfs- und Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt werden können. Durch unsere Arbeit soll die Diskriminierung und Gewalt gegen LSBT-Flüchtlinge verringert und ein gesellschaftliches Klima der Akzeptanz unserer Lebensweisen gefördert werden.
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