Gemeinsam mit dem Queeren Zentrum Düsseldorf und der LAG Lesben in NRW lud das Queere Netzwerk NRW am Samstag, den 17.9., zur Kundgebung gegen Queer- und Transfeindlichkeit. Anlass waren die erschütternden, gewaltvollen Übergriffe der vergangenen Wochen, insbesondere der Tod von Malte C. in Folge eines lesben- und transfeindlichen Angriffs auf dem CSD Münster. Ca. 130 Vertreter*innen der queeren Communities und Verbündete kamen zusammen, um den Opfern queerfeindlicher Gewalt zu gedenken und gesellschaftliche und politische Konsequenzen zu fordern.
Queerfeindliche Gewalt könne sprachlos machen in ihrer Allgegenwärtigkeit, so Laura Becker und Peter Hölscher, Vorständ*innen des Queeren Netzwerks. Aber: „Wir können und wir müssen über queerfeindliche Gewalt sprechen, wir dürfen nicht schweigen. Denn wenn wir das tun, dann bleiben wir allein. Dann bleibt bei Menschen, die Gewalt erfahren, das Gefühl, sie seien damit allein. Dann entsteht bei Menschen, die von queerfeindlicher Gewalt nicht betroffen sind, das Gefühl, es gäbe kein Problem, dem sie sich stellen müssten. Und dann überlassen wir Stimmen und Worten das Feld, die queerfeindliche Gewalt missbrauchen, um ihren eigenen Hass zu begründen.“
Birgit Erhardt, Vorständin des Queeren Zentrums Düsseldorf, betonte die lange Geschichte queerer Emanzipationsbewegungen, die sich dieses Aufstehen, gesehen und gehört werden zum Ziel machen: „Auch 50 Jahre nach der ersten Homosexuellen-Demo in Deutschland und 53 Jahre nach den Aufständen in der Christopher Street in New York geht es immer noch genau darum: Wir wollen unser Leben leben, frei von Angst vor Diskriminierung, frei von Angst um uns selbst und unsere Liebsten! Frei diejenigen zu sein die wir sind. Ein Leben ohne Hass und Gewalt. Das ist es, was wir immer noch wollen!“ Sie betonte die gesamtgesellschaftliche Anstrengung gegen Diskriminierung, die die dafür unerlässlich sei: von der rechtlichen Gleichstellung bis zum Alltagshandeln jeder einzelnen Person.
Als Vertreter*innen der queeren Communities sprachen außerdem Heike Kivelitz, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW, Frank Schuster, Vorsitzender des Pride Düsseldorf e.V. sowie Amit Marcus für das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf. Gedenkworte im Namen der Stadt Düsseldorf sprachen Bürgermeisterin Clara Gerlach in Vertretung des Oberbürgermeisters sowie Angela Hebeler als Vorsitzendes des Gleichstellungsausschusses. Parallel zur Kundgebung wurde am Rathaus die Progress Pride Flagge mit Trauerflor gehisst. Im Anschluss an die Redebeiträge zogen die Teilnehmenden in einem Gedenk- und Protestzug zur Apollowiese. Erst 2021 wurde dort das Mahnmal für LSBTIQ*, die Opfer von Gewalt und Diskriminierung wurden, eingeweiht.
Bereits direkt nach Bekanntwerden des Tods von Malte C. hatte das Queere Netzwerk NRW gemeinsam mit der Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben, Schwule und Trans* eine Stellungnahme zu queerfeindlicher Gewalt veröffentlicht. Gewalterfahrungen, das zeigen Studien ebenso wie Kriminalstatistiken, gehören für queere Menschen (auch) in Deutschland zum Alltag. In einer Befragung der europäischen Grundrechteagentur von 2020 bejahen 13 % von 16.000 queeren-Personen in Deutschland, dass sie in den letzten 5 Jahren physische oder sexuelle Angriffe erlebt haben. Trans* und inter* Personen sind stärker betroffen: 19 % der befragten trans* Personen und 23 % der inter* Personen antworteten auf die Frage mit Ja. Hassgewalt gegen queere Personen wird in der Bundes-Kriminalstatistik im Bereich der politisch Motivierten Kriminalität erfasst. Hier finden sich im Jahr 2021 340 Fälle aufgrund des Geschlechts/der sexuellen Identität (mit „sexueller Identität“ wird Transgeschlechtlichkeit bezeichnet) und 870 aufgrund der sexuellen Orientierung. Dabei ist von einer enormen Dunkelziffer auszugehen.
Stellungnahme des Queeren Netzwerks und der Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit: https://queeres-netzwerk.nrw/nach-toedlichem-angriff-auf-dem-csd-muenster-queere-communities-fordern-konsequente-anti-gewaltarbeit/
taz-Artikel „Der Hass, der bleibt“ mit Stellungnahmen vieler Community-Organisationen, darunter das Queere Netzwerk NRW: https://taz.de/Queerfeindlichkeit-in-Deutschland/!5880996/
Redebeitrag des Queeren Netzwerks NRW zum Download: