• Projektbericht wertet 51 Fragebögen zu Erfahrungen mit der Anhörung von LSBTIQ*-Geflüchteten aus • LSBTIQ*-Geflüchtete berichten von Diskriminierung während der Anhörung • Personen, die zur Anhörung begleitet und im Vorfeld beraten werden, sind im Asylverfahren deutlich erfolgreicher
Im August 2018 wurden Ablehnungsbescheide gegenüber homosexuellen Asylsuchenden in Österreich und Deutschland bekannt, die vor allem durch ihre Begründungen Irritation und Unmut in der Öffentlichkeit auslösten: Die Asylsuchenden würden sich nicht offensichtlich homosexuell verhalten und könnten somit ihre Sexualität und ihren Fluchtgrund nicht eindeutig nachweisen.
Im Rahmen der landesweiten Vernetzung von unterschiedlichen lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren (LSBTIQ*) Projekten und Netzwerken in Nordrhein-Westfalen wurden seit Ende letzten Jahres Fragebögen zu diesen Erfahrungen von LSBTIQ*-Geflüchteten mit der Anhörung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausgewertet.
Die 51 ausgewerteten Fragebögen wurden in einem Projektbericht zusammengefasst und liefern Informationen zum Herkunftsland, Fluchtgründen, Verlauf der Anhörung, Kontakt zu Dolmetscher_innen und Sachbearbeiter_innen sowie zu Möglichkeiten der besseren Unterstützung von LSBTIQ*-Geflüchteten. Hierzu berichtet die Sprecherin der Projektgruppe Marlen Vahle: „LSBTIQ*-Geflüchtete können als besonders vulnerable Gruppe gelten. Die Anhörung ist für Menschen, die aufgrund ihrer Sexualität oder ihrer Geschlechtsidentität fliehen mussten, eine besonders sensible und herausfordernde Situation.“
Die Ergebnisse der Befragung weisen darauf hin, dass sich nur etwa 40% der LSBTIQ*-Geflüchteten vor der Anhörung beim BAMF an zielgruppenspezifische Beratungsangebote wenden. Nur ein Viertel der Teilnehmenden wird zur Anhörung begleitet und nur jede_r Zehnte beantragt die Teilnahme eines/r Sonderbeauftragte_n für Minderheiten. Es konnte zudem festgestellt werden, dass diejenigen Asylbewerber_innen, die im Vorfeld von einer LSBTI-spezialisierten Beratungsstelle unterstützt und zur Anhörung begleitet werden, das Asylverfahren erfolgreicher abschließen. Darüber hinaus berichten 23% der Teilnehmenden, die ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität als Fluchtgrund angegeben haben, von stereotypen und diskriminierenden Aussagen durch Anhörende und Dolmetscher_innen. „‚Sie sehen gar nicht schwul aus‘ ist offenbar auch in Deutschland eine Aussage, die in der Anhörung gegenüber LSBTIQ*-Geflüchteten geäußert wird“, so Marlen Vahle weiter. „Zudem müssen sich homosexuelle Asylsuchende weiterhin intimen Fragen zu ihrem Sexualleben stellen.“
Die beteiligten Fach- und Beratungsstellen fordern daher Schulungen zur Sensibilisierung von Entscheider_innen und Dolmetscher_innen im BAMF. Darüber hinaus fordern sie die Beratungsangebote für LSBTIQ*-Geflüchtete sicherzustellen. So erklärt Marlen Vahle: „Die Anhörung im BAMF sollte auf intimitätswahrende Weise durchgeführt werden. Homo- und transsexuelle Geflüchtete brauchen zudem die Chance im Vorfeld beraten und unterstützt zu werden.”
Die Projektgruppe besteht aus den folgenden Organisationen: • Dr. Nina Held, SOGICA Projekt • Rainbow Refugees Cologne-Support Group e.V. • Aidshilfe Düsseldorf e.V., You’re Welcome - Mashallah • Kölner Flüchtlingsrat e.V. • Projekt Geflüchtete Queere Jugendliche, Fachstelle Queere Jugend NRW / Schwules Netzwerk NRW e.V.
Weitere Informationen erhaltet ihr bei unseren Fachreferent_innen Katharina Feyrer und Dalila Hachmi. Pressemitteilung als PDF Projektbericht als PDF