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„Was in Schulen los ist“ – SCHLAU NRW und Queeres Netzwerk positionieren sich zu Beitrag in neuem Sammelband von A. Schwarzer und Ch. Louis

Im März erschien der neue Sammelband „Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Eine Streitschrift,“ herausgegeben von Alice Schwarzer und Chantal Louis. Er schreibt sich auf die Fahne, wichtige Beiträge zu einer gesellschaftlichen Debatte um trans* Selbstbestimmung zu liefern, vertritt aber an vielen Stellen trans*feindliche Positionen. Zentral ist dabei die Annahme, trans* Identität sei ein gesellschaftlicher „Trend“, vorangetrieben von Aktivist*innen – darunter, so der Beitrag „Was in Schulen los ist“, auch das Netzwerk SCHLAU NRW und die 2019 erschienene Broschüre „Trans* und Schule.“ SCHLAU NRW und sein Trägerverein, das Queere Netzwerk NRW, positionieren sich zur Fehldarstellung der von SCHLAU betriebenen Antidiskriminierungsarbeit, und bekräftigen die Wichtigkeit von Selbstbestimmung aller queeren Menschen, insbesondere trans* und nichtbinärer Personen.

„Die Selbstbestimmung aller Menschen in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität, ihre sexuelle und romantische Orientierung zu stärken, ist Kernaufgabe des Queeren Netzwerks NRW und damit auch seiner Fachstellen, zu denen SCHLAU NRW gehört“, betont Dr. Vera Uppenkamp, Vorstandsmitglied des Queeren Netzwerks und Fachvorständin für die Arbeit von SCHLAU NRW. „Aufgabe von SCHLAU ist es, jungen Menschen einen Ort zu bieten, an dem sie vorurteilsfrei über Geschlecht, Beziehungen und Sexualität ins Gespräch und in die Reflexion kommen können.“ Die im Sammelband vertretene Darstellung, SCHLAU sei ein Angebot speziell für lsbtiaq* Jugendliche und verfolge insbesondere das Ziel, Jugendliche dazu zu bringen, ihre bei Geburt zugewiesene Geschlechtsidentität zu hinterfragen, ist falsch: „SCHLAU richtet sich an alle Jugendlichen – egal ob cis* oder trans*; inter*, queer, schwul, lesbisch, bi-, a- oder heterosexuell.“ Sie alle erhalten in den Angeboten von SCHLAU die Gelegenheit, Geschlechternormen und -stereotype zu reflektieren und mehr über die Vielfalt von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung zu lernen. „Hierbei ist wichtig zu wissen, dass Geschlechtsidentität nicht für alle Menschen für immer mit dem Eintrag in ihrer Geburtsurkunde übereinstimmt. Die Möglichkeit, einer trans* Person offene Fragen zu stellen, macht Jugendliche nicht trans*“, so Uppenkamp zur Arbeit von SCHLAU.


Die Selbstbestimmung von Jugendlichen ernst zu nehmen und diese zu fördern ist wichtiger Grundsatz der Arbeit von SCHLAU. „Es geht darum, alle Jugendlichen, unabhängig von ihrem Geschlecht, zu ermächtigen, sich anzunehmen und für sich einzustehen,“ so Kira Splitt, Landeskoordinatorin von SCHLAU NRW. Grundlegend dafür sei eine niedrigschwellige und unaufgeregte Auseinandersetzung mit geschlechtlicher, sexueller und romantischer Vielfalt – und auch das Wissen darum, dass trans* und nichtbinäre Identitäten Teil gesellschaftlicher Realität sind. Mittels Methoden aus der Antidiskriminierungspädagogik spricht SCHLAU mit Jugendlichen über unterschiedliche Lebenswirklichkeiten und Biografien, Diskriminierungsformen und Menschenrechte. Den auch durch die Autor*innen Ahrbeck und Felder erhobenen Vorwurf der Ideologie weist Splitt zurück. „In unseren Workshops öffnen wir Lern- und Reflexionsräume, die auf Freiwilligkeit und einem offenen Austausch basieren. Das ist keine Ideologie, sondern ein Angebot, das ein diskriminierungssensibles Miteinander stärkt.“

Ahrbeck und Felder kritisieren in ihrem Beitrag weiter, SCHLAU stelle die Bedeutung von Beratung für trans* Jugendliche in Abrede und behandle das Coming Out als trans* als eine von Jugendlichen isoliert und (vor)schnell zu treffende Entscheidung. Richtig ist: Über die Qualitätsstandards und das Jugendschutzkonzept sind alle bei SCHLAU Aktiven darauf verpflichtet, in jedem Workshop auf Beratungsangebote zu verweisen. „Sowohl in unserer Bildungsarbeit als auch in unserer Publikation Trans* und Schule verweisen wir darauf, dass das Wissen um die eigene Geschlechtsidentität ein herausfordernder Prozess sein kann. Während einige Menschen viel Zeit und Unterstützung benötigen, um sich ihrer Geschlechtsidentität bewusst zu werden, haben andere cis* und trans* Jugendliche keine Zweifel. Diese Vielfalt der Realität entsprechend darzustellen, ist Teil der Arbeit von SCHLAU NRW,“ so Kira Splitt. Das Recht auf adäquate und wohnortsnahe psychosoziale Beratung für queere Menschen sei seit Jahren eine Kernforderung auch des Queeren Netzwerks NRW, betont Vera Uppenkamp: „Was dabei gern vergessen wird, dass es noch immer kein flächendeckendes Angebot dieser Art gibt. Es ist unzumutbar, dass Jugendliche, die Beratungsbedarf haben, regelmäßig lange Wege in die nächste Großstadt in Kauf nehmen müssen oder bei Fachkräften landen, die mit ihren Anliegen überfordert sind. Wenn es den Autor*innen wirklich um das Wohl und die fachliche Begleitung von Jugendlichen in herausfordernden Lebenssituationen ginge, würden sie diese Leerstelle kritisieren und nicht die Thematisierung von trans* Themen im schulischen Umfeld.“

Denn: trans* Jugendliche sind Teil von Schulen als Lern- und Lebensraum. Und auch dort, wo sie (vermeintlich) nicht präsent sind, beschäftigen Schüler*Innen häufig Fragen und Meinungen rund um das Thema geschlechtliche Identität und Geschlechterrollen. In den in SCHLAU-Workshops angebotenen offenen Gesprächsrunden sprechen Jugendliche untereinander über gesellschaftliche Vielfalt und lernen, unterschiedliche Standpunkte zu respektieren. Das gilt auch für Einstellungen, die LSBTIAQ* kritisch sind. „SCHLAU ist wichtig, Unterschiede akzeptieren und stehen lassen zu können, denn wir schätzen eine pluralistische Gesellschaft. Anders als im Artikel behauptet, sprechen wir weder ‚Denkverbote‘ aus noch bezichtigen wir Jugendliche der Homo- oder Transfeindlichkeit, wenn sie sich frei äußern. Mit diesem Vorwurf versuchen die Autor*innen bewusst und trotz transparenter Darstellung unseres pädagogischen Ansatzes, gewaltpräventive und demokratische Jugendbildung als ideologisch darzustellen“, so Splitt.

Trans* und Schule
… ist eine Orientierungshilfe für pädagogische Fachkräfte. Sie soll dabei helfen, trans* Schüler_innen im Schulalltag besser unterstützen zu können. Ziel ist es, konkrete Wissensbedarfe zu decken und pädagogische Fachkräfte für ein trans* inklusives Handeln im Kontext Schule zu sensibilisieren. Die Broschüre kann online (https://kurzelinks.de/TransUndSchule) und unter info@schlau.nrw auch im Druck bestellt werden.

Informationen im Überblick

  • SCHLAU NRW ist mit Lokalteams in 19 Städten in NRW vertreten (Übersicht auf www.schlau.nrw)
  • SCHLAU-Netzwerke gibt es außerdem in Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, bundesweit sind queere Bildungsprojekte im Bundesverband Queere Bildung e.V. vernetzt
  • SCHLAU-Workshops werden überwiegend von ehrenamtlichen Multiplikator*innen durchgeführt, die auf Landesebene geschult, fortgebildet und vernetzt werden
  • Kommunale Förderung für die Koordination SCHLAUer Arbeit gibt es in NRW derzeit in 7 Teams
  • Mit seinem Angebot erreichte SCHLAU vor der Pandemie 12.500 Jugendliche in NRW

Zum Hintergrund:

Informationen zu SCHLAU NRW, Schutzkonzept und Qualitätsstandards des SCHLAU Netzwerks: https://www.schlau.nrw/infos/

Stellungnahmen zum Buch von A. Schwarzer und Ch. Louis:

Bundesverband Trans*: https://www.bundesverband-trans.de/sammelband-schwarzer-schadet-trans-personen/

Deutsche Gesellschaft für Transsexualität und Intersexualität: https://dgti.org/2022/03/01/alice-schwarzer-im-gendertrouble/

Diese Information zum Download:



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